Wuggi vor lauter VUCA

Wenn vor der Wahl nach der Wahl ist, …ist dann auch vor VUKA nach VUKA?
Haben Sie Ihren „First-Aid-VUKA-Kit“ immer griffbereit dabei, falls mal wieder die Komplexität plötzlich und unerwartet um die Ecke kommt? Sind Sie überhaupt schon „VUKA-fit“? Nein? Euje! Was machen Sie denn jetzt, wo nun alles unsichererererer und komplexerererererer wird? Do not panic!

VUKA – Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität – gibt es schon lange, sehr lange. Gunter Dueck meint sogar: Es wird nicht komplexer. Das sind nur erste Zeichen von Unfähigkeit.

  • Wussten Sie, dass es neben IQ und EQ noch mindestens 5 weitere Quotienten gibt, die wir brauchen, um unsere Unfähigkeiten zu verringern?
  • Lieben auch Sie Ihre Ambiguitätstoleranz?
  • Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Problem und einem Predicament?
  • Und wofür brauchen wir Intropathie?

Als ich vor einiger Zeit wieder einmal einen grandiosen Vera Birkenbiehl Vortrag im Netz erleben durfte, war ich sehr erleichtert, geerdet und beruhigt in Unsicherheit zu leben. Darin veranschaulicht sie folgendes: Wenn die gesamte Menschheitsgeschichte 3 Meter (3000mm) lang wäre, dann haben wir Menschen bis vor 0,31 Millimeter (0,00031 m) in Unsicherheit gelebt. Wir wussten, dass die Zukunft nicht prognostizierbar war, wir lebten in einer sehr unruhigen Welt, haben überlebt und uns phantastisch entwickelt. Vor 0,31 Millimeter, Newton u.a., entstand ein Gefühl von Sicherheit (Materie ist fest, man kann alles messen, berechnen, prognostizieren, wir kriegen alles in den Griff). Diese Sicherheit wurde dann vor 0,1 Millimeter (0,0001 m) durch die Quantenphysik sehr gestört, vor 0,04 Millimeter (0,00004 m) kamen die Chaostheorie und seit 0,01 Millimeter (0,00001 m) die Komplexitätserkenntnisse dazu. Wir meinten also in dieser kurzen Zeitspanne von 0,31 mm bis 0,1 mm, dass wir Sicherheit haben und wir meinten auch, dass wir ein Recht auf Sicherheit haben. Auch das Auftauchen aus dem Taylorismus oder der „Taylor-Wanne“ – weil das gerade so gut zum Auftauchen passt – ist für einige überraschend.
Jetzt sind wir quasi die Nach-Sicherheits-Generationen des kurzen Sicherheit-Zeitalters. Doch ist es nicht erleichternd, wie dass wieder einmal die VUKA-Hysterie entkräftet? Es wird nicht komplexer, es war schon immer komplex. Wir wussten es nur nicht immer oder haben es vergessen. So wie man auch nicht lebendiger wird, und doch fühlt es sich manchmal so an.

VUKA ist, wenn sich die Wahrnehmung nicht mehr nur auf den Boden richtet. Sabrina Matthießen

Um bei Vera Birkenbihls Vortrag zu bleiben: Wenn wir davon ausgehen, dass alles zwischen Chaos (Zerfall) und Ordnung (Sicherheit, Starre) Komplexität ist, dann ist alles Leben komplex. Darin gibt es natürlich Schwankungsgrade, von „sehr wenig komplex“ bis „extrem komplex“, eines jedoch ist Fakt: Es war und ist noch immer komplex. Für Organisationen hieße es nun, zukünftig auf keinen Fall zu viel Sicherheiten, Standardisierungen, Planungen und Regelwerke zu entwickeln, bzw. sich von all dem überbordenden Zeugs wieder zu befreien. Zu viel von all dem lenkt nicht nur von der Arbeit ab, sondern macht sehr starr, unbeweglich oder wie Vera Birkenbihl treffend sagte: tot. Somit ist das VUKA-Wort eine wunderbare Erinnerung an das Leben, das Lebendige, das Komplexe. Sehr schön, jetzt mag ich das Wort wieder.

Apropos: Kennen Sie schon Watson von IBM?

Watson ist ein Computerprogramm aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz. Ziel ist es, eine hochwertige semantische Suchmaschine zu schaffen. Diese soll den Sinn einer in natürlicher Sprache gestellten Frage erfassen und in einer großen Datenbank, innerhalb kurzer Zeit die relevanten Passagen und Fakten auffinden. Eine derartige Software könnte in vielen Bereichen, etwa der medizinischen Diagnostik, komplexe Entscheidungen unterstützen, insbesondere wenn diese unter Zeitdruck getroffen werden müssen.
Watson wird helfen Leben zu retten.

 

Zu Tode “gedatet”

Doch brauchen wir immer alle Daten oder kann auch zu viel Datenerfassung lähmend auf uns wirken? In vielen großen Organisationen beobachte ich, dass eine Menge Leute damit beschäftigt sind Daten zu erfassen, zu verwalten, zu analysieren, zu messen, zu bündeln, daraus ableitend etwas abzuleiten, Standards, Vorgaben, Regeln, Leitfäden zu entwickeln, auszurollen, zurückzurufen, auszurollen. Das wirkt dann manchmal fast so, als ob viele Menschen damit beschäftigt sind Daten und Informationen zu verwalten und zur eigentlichen Arbeit nicht mehr kommen. Wenn das dann zusätzlich weniger bringt als Miteinander-reden, klingt das irgendwie absurd.

Wie wäre es mit einer Fähigkeit (neben IQ und EQ und AQ und BQ…), entschieden entscheiden zu können, was man an Daten NICHT erfassen muss bzw. dass ein vernetzter Austausch mit anderen sinnvoller wäre?

Der Mensch ist komplex. Kommunikation ist komplex. Vera Birkenbihl

  • Damit wir alle mit diesen Komplexitäten gut umgehen können, es wieder-lernen, ist eine erste-Hilfe-Maßnahme: Sich selbst besser Kennenlernen und Dialoge führen (Ich weiß, ich wiederhole mich). „Wenn wir die Komplexität in uns entwickeln, dann werden wir auch attraktiver“, weiß Vera Birkenbihl den ultimativen Schönheitstipp. Wir erweitern unsere Wahrnehmung und schaffen uns damit mehr Gestaltungsspielräume. Wir werden vielschichtiger, interessierter und interessanter.
  • Weiters ist das Führen von sinnvollen Dialogen maßgeblich dafür prädestiniert. Echte, tiefe, nachschwingende Gespräche, in denen man zuhört (anderen und sich selbst), wirkliches Interesse hat und Wertvolles austauscht. Info-Meetings abschaffen und dafür Dialogräume öffnen, anstatt flache Botschaften zu produzieren,  auf eine „Runde Austausch” einladen

Dazu passend werfe ich auch noch das teilweise überstrapazierte Wort „agil“ in diesen Artikel ein. Ich mag das Wort, denn in ihm steckt sehr viel an Möglichkeiten. Vor allem fordert es auf „vermeintlich überzeugte“ Sicherheiten aufzugeben und bewusst die Komplexität zu erfahren, zu nutzen und sich dem Lebendigen und seinen evolutionären Möglichkeiten hinzugeben. Und wenn es dann in Organisationen so richtig lebendig und dynamisch wird, ja dann gibt es Bewegung und Entwicklung, Erkenntnisse werden durchaus wahrscheinlicher, Komplexität und Schönheit bekommen mehr Raum.

In Organisationen tiefgreifende Auseinandersetzung mit wesentlichen Themen ermöglichen heißt nicht, dass es dadurch sicherer und selten einfacher wird. Es geht auch nicht rucki-zucki. 

Es werden jedoch die Unsicherheiten zu Möglichkeitsräumen. Das Nicht-Prognostizieren-Können schafft dann mehr Handlungsfähigkeit aller Beteiligten und das Mit-Gestalten wird in Echtzeit erlebbar.

Quellen der Inspiration:

im memoriamVera Birkenbihl, Komplexität >>>  |  Gunter Dueck, Bildung der Zukunft >>>  | Niels Pfläging, Silke Hermann: Komplexithoden: Clevere Wege zur (Wieder)Belebung von Unternehmen und Arbeit in Komplexität | Reinventing Organizations: An Illustrated Invitation to Join the Conversation on Next-Stage Organizations, von Frederic Laloux | intrinsify.me – Das Netzwerk für die Neue Wirtschaft | IBM Watson >>>  | Alexandra Feichtner, hochgeschätzte Sichtart-Kooperationspartnerin 

Sinn für Tiefe – Übung

Eine Übung von Vera Birkenbihl: Wenn wir den Sinn finden wollen, dann sollen wir ein Musikstück 10 x  hintereinander anhören. Ab dem 6. Mal werden wir Dinge heraushören, die wir noch nie gehört haben. Beim 10. Mal beginnen wir zu ahnen, welche Tiefe in diesem Stück liegt. Das wäre eine echte Chance, um das Gefühl von Tiefe zu entwickeln. Nicht jedes Musikstück eignet sich dafür. Vielleicht das? Wolfgang Amadeus Mozart, Symphony No. 25 in G minor, K.183 >>> 

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We can not teach our children to compete with machines, they are smarter >>>

WORLD ECONOMIC FORUM 2018 

Bei Fragen zu den 7 Quotienten, zu Ambiguitätstoleranz, zu Predicamenten, zu Intropathie oder bei zukunftsgestaltenden Fragen stehe ich sehr gerne zur Verfügung. elisabeth.sechser@sichtart.at | +436766103913